Das Kircheninnere
Die erste Kirche von Oschatz wurde einst wohl schon im Hochmittelalter errichtet, die Quellenlage dazu ist allerdings spärlich. Immer wieder zerstörten Kriegseinwirkungen und Brände die verschiedenen Kirchenbauten, Bestandteile mehrerer Bauepochen sind bis heute überall im Baukörper zu finden. Ihr heutiges Aussehen erhielt St. Aegidien nach dem letzten Stadtbrand 1842. Den Wiederaufbau leitete der Architekt und königlich bayrische Konservator Carl Alexander von Heideloff, bis 1849 entstand der Neubau im Stile einer klassizistisch beeinflussten Neogotik.
Klassizistisch beeinflusste Neogotik
St. Aegidien präsentiert sich heute als dreischiffige Hallenkirche mit fünf Jochen. Der neugotische Ausbau der Doppelturmfront im Westen und die Gewölbe des Langhauses sind Heideloffs Werk. Einige Elemente stammen jedoch aus früheren Zeiten, wie zum Beispiel das östliche Südportal des Langhauses, das dem 15. Jahrhundert zuzurechnen ist. Die schlank und außergewöhnlich schlicht wirkenden Westtürme von 75 Metern Höhe sind nur sparsam mit gotischem Maßwerk verziert. Besonders im unteren Bereich sprechen die Proportionen der Turmfront eher eine klassizistische Formensprache, während ganz oben die durchbrochenen Pyramidenhelme aus Sandstein wieder klar neogotische Akzente setzen.
In dem langgestreckten Hauptchor und den beiden Nebenchören blieben die Stern- und Kreuzrippengewölbe des Vorgängerbaus erhalten. Die Krypta von 1460, ein achteckiger, nach fünf Seiten offener Raum, ist der architektur-historisch interessanteste Teil der Kirche.
Der Altar
Der Altar und auch die Kanzel sind beide hervorragende neugotische Arbeiten nach Entwürfen Heideloffs. Der raumbeherrschende Altar folgt in seinem Aufbau dem Schema des mittelalterlichen Flügelaltars, allerdings ohne bewegliche Altarflügel. Heideloff entwarf den dreiteiligen Altaraufsatz selbst, gefertigt wurde er unter seiner Leitung in Nürnberg.
Auf den Seitenflügeln sind die vier Evangelisten mit ihren Attributen dargestellt. Die Predella zeigt das Abendmahl Jesu, darüber sind die Gottesmutter Maria und Jesu' Lieblingsjünger Johannes kniend unter dem Kruzifix zu sehen. Beide Figuren sowie die darüber schwebenden Engel mit Spruchbändern sind auf Bleiglas gemalt – der Mittelschrein des Altars gilt als erste Buntglasmalerei nach dem Mittelalter.
Der Entwurf stammt von Historien- und Porträtmaler Prof. Julius Hübner, Mitglied der Düsseldorfer Schule und zur damaligen Zeit Direktor der Dresdner Galerie. Der Ausführende war Carl Samuel Scheinert, Glas- und Porzellanmaler der Meißner Porzellanmanufaktur und Mitglied der Dresdner Kunstakademie.
Um mehr über den Altar zu erfahren, können Sie gern eine Festschrift mit einer bildhaften Darstellung über unsere Kontaktseite anfordern.
Die Kanzel
Wie der Altar weist auch die Kanzel gotische Elemente als Schmuck auf, sie zeigt aber ebenso klassizistische Einflüsse.
Um den Kanzelkorb stehen Jesus und die Apostel, die ihre Attribute und die Zeichen ihres Martyriums tragen. Diese Figuren sind Nachbildungen der Erzstatuetten vom Sebaldusgrab in Nürnberg. Entworfen wurden die Originale 1488 von Peter Vischer d.Ä..
Der zur Kanzel gehörige und mit einem hohen Aufsatz verzierte Schalldeckel wurde nach einem Entwurf von Heideloff gestaltet. Auf der Unterseite des Schalldeckels ist die Taube als Symbol des Heiligen Geistes zu sehen.
Der Taufstein
Der Taufstein hat die Form eines Kelches, dessen acht Seiten mit gotischen Ornamenten reich geschmückt sind. Der Dresdner Steinbildhauer August Träger schuf ihn 1849 aus Sandstein.
Die Orgel
Die Orgel ist ein Werk des bekannten sächsischen Orgelbaumeisters Carl Gottlieb Jehmlich aus Zwickau. Sie wurde 1851 eingeweiht, eine grundlegende Modernisierung durch die Fa. Jehmlich, Dresden, erfolgte 1933. Dabei stieg die Zahl der Manuale von zwei auf drei und die Zahl der Register von 45 auf 58. Auch die Anzahl der Pfeifen wurde erhöht, nämlich von 2.642 auf 3.900. Davon sind 240 aus Holz, 180 aus Zink, 20 aus Kupfer und 3.460 aus Zinn. Die Mischmöglichkeiten der vielen Klangfarben der Orgel sind nahezu unerschöpflich und erreichen die Größe einer 17-stelligen Zahl.
Das Gehäuse des Instrumentes ist dem Stil des Kirchenraumes genauso meisterhaft angepasst wie der Altar und die Kanzel, es wurde ebenfalls von Carl Alexander von Heideloff selbst entworfen.